Abgeblitzt / Exaktes Timing
Ammergauer Alpen am 26./27.Juli 2003
Dieses Wochenende waren wir am Geiselstein in den Ammergauern. Für
Samstag stand erst mal der Herzogweg in der Nordwand des Geiselsteins im
Programm.
Die auch "Alte Nordwand" genannte Route verläuft unten rechts, dann
links der großen Schlucht im rechten Teil der Nordwand in einen Latschen"wald"
(von NO gesehen rechts im Bild), darüber dann durch Kamine und Risse
auf die Schlusswand, die nach rechts unter den Ostgipfel gequert und dann
ausgestiegen wird.
Nach der Anfahrt ab Stuttgart waren wir natürlich als Letzte am
Einstieg. Das bedeutete Warten bis 12 Uhr 30. (sic)
Die Schlüssellänge ist gleich die erste, ein gut verspeckter
Riss. Dann kommen 5 super schöne Viererlängen.
Als Dreierseilschaft konnten wir allerdings den Anschluss an die anderen
Seilschaften nicht halten. So verdummbeutelten wir im "Wald" viel Zeit, die
Standplatzringe zu suchen. Die Planung, den Wald solo zu durchsteigen, mussten
wir aufgeben. Die Latschen waren viel kleiner und standen viel weiter
auseinander als es von unten erschien und das Dreiergelände dazwischen
war maßlos brüchig.
Gegen 18 Uhr, vor dem eigentlich schönsten Teil des Weges, entschlossen
wir uns zum Abseilen. 100 Meter durch die bewaldetete Schutthalde, 70 Meter
bis zu dem Platz, wo der Weg die Kaminseite wechselt, und dann, die Schleifen
abschneidend, die untersten 5 Seillängen auf einmal, mit Seildehnung
58 Meter.
Wir legten uns nahe des Wankerflecks schlafen, um uns herum nur das
Rauschen eines Bachs und der Blick auf die von dort besonders schön
geformte Felspyramide des Geiselsteins.
Am nächsten Morgen wollten wir wenigstens noch einen Erfolg haben.
Kurt, unser Alpin- Newbie, suchte sich die gut gesicherte 4- Längen
Route Gummifuzzi (VI) an der Westwand. Absolut traumhafte Kletterei. So hatte
ich wenigestens Gelegenheit, im Gipfelbuch wieder einen Bepper unter zu bringen.
Nach dem Abstieg über den auf Hochglanz polierten Normalweg (seit
den 30ern kontinuierlich von I auf III- aufgewertet) stiegen wir noch die
ersten zwei Seillängen einer erst drei Wochen alter Neutour rechts
der (schlecht bis gar nicht sicherbaren) Wasserspiele. So griffigen Kalk
hatte ich das letzte Mal in El Chorro unter den Fingern. Auch die Längenzüge,
großen Griffe und Steilheit erinnern an El Chorro.
Dann blitzten wir ein zweites Mal ab, im wahrsten Sinne des Wortes.
Nur 10 km entfernte Blitze (eine anständige Kaltfront legt diese Stecke
in 3 Minuten zurück) veranlassten uns zum Abseilen. Aber das Gewitter
zog vorüber.
Erst als wir um 17 Uhr 30 im Oldtimerbus mit Oldtimerfahrer (etwa 3
Mal so alt wie der Bus) saßen, ging das Sauwetter los.
"Zur frohen Ausicht" in Buching gab es dann noch mal leckeres Essen.
Tipps
- Im Gegensatz zu den Angaben im Panico- Loseblatt- Führer von
1998 sind mittlerweile fast alle Routen am Geiselstein saniert.
- Auf der Nordseite sind die Runouts entsprechend der Routenlänge
auch länger. Außerdem geht zumindest auf der riesigen Platte auch
fast nix mit Keilen.
- Die anderen drei Seiten sind da gutmütiger.
- Für die Klassiker der Nordwand empfiehlt sich eine textuelle
Beschreibung besser als die Topos, die 500 Meter auf 12 cm komprimieren
müssen.