Unfreiwillige Gimpel-Überschreitung 25.-26.August 2001
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Vorspiel
3 Wochenenden ließ ich verstreichen, schließlich war eine Tour geplant, von der ich bereits im Vorhinein wusste, dass sie nicht ganz einfach werden sollte. Meine längsten alpinen Klettereien waren bislang um die 350 Meter lang, geplant war das Doppelte. Um nicht total übermüdet nach der Tour heim fahren zu müssen, wollte ich sie unbedingt an einem Samstag machen. Und um einigermaßen ausgeruht einsteigen zu können, wollte ich mir die 700 Höhenmeter zum Einstieg zzgl. 220 km Anreise nicht auch noch am Tourentag geben. Hinzu kommt, dass es zumindest die 3 Tage vorher trocken und windig sein musste, damit die Wand, die seit ihrem Bestehen noch nie die Sonne gedehen hat, auch wirklich trocken ist.
So war dann am Samstag, den 4. August Schmuddelwetter (am Sonntag gings dann an die Rutschen), am 11./12. August ginx (bei sich nicht erfüllender schlechter Wetterprognose) ins Donautal (Kaiserweg geschafft, hurra!) und die Tage vor dem 18. August wurde die Wand so richtig eingeweicht, so dass auch am Sonntag nix gegangen wäre. So verdichtete sich alles um den 25.08..
Thorsten und Micha sind auf Mitwoch - Freitag auf Hochtour, so werden alle Verabredungen bereits am Dienstag getroffen: Ich fahre mit dem Zug nach Pflach, lasse mich dort von Thorsten auflesen, dann gehz ab Rossschläg zu Fuß auf die Otto- Maier- Hütte. Die mit V+ A1 bzw. VI- A0 angegebene Route müsste auch für Thorsten im Vorstieg zu schaffen sein. (Im alpinen Gelände zeigt er etwa gleich viele Hemmungen, Haken zu benutzen, nämlich keine ;-)). Von Micha wusste ich bislang nur, dass er mich an künstlichen Kletterwänden problemlos stehen lassen würde, alllerdings noch nie eine längere Route geklettert ist.
Donnerstag meldet sich dann auch Manfred vom Montblanc zurück. Na klasse, dann sind wir ja zwei Zweierseilschaften, um so besser. Das bringt jedoch gewisse Umplanungen mit sich. Hinzu kommt, dass die Otto- Maier- Hütte seit Wochen ausgebucht ist. Eine Übernachtung auf der direkt daneben liegenden Füssener Hütte von Freitag auf Samstag kommt auch nicht in Betracht, nachdem die mir freundlich am Telefon sagten: Um 10 ist zu, und wenn ihr bis da hin nicht da seid, dann dürft ihr wieder runter ...
Freitag abend: Anreise
Gegen 18 Uhr wird das Auto mit Manfred, mir, einer kleinen Eisenwarenhandlung, vier Seilen, kleinem Hüttengepäck und einem Fahrrad beladen und (wg. Baustelle) in 3 Stunden nach Rossschläg gefahren. Thorsten & Micha sind fast zur gleichen Zeit da. Nach zwei Tagen mit je über 1500 Meter Auf und Abstieg sind die zwei jedoch so fertig, dass sie nur noch schlafen wollen; sie kampieren in der Nähe des Parkplatzes und steigen am nächsten Morgen hoch. Manfred & ich gehen schon mal zur Musauer Alm, nächtigen und frühstücken dort und warten auf Thorsten & Micha.
Samstag: Es geht los
Das Wetter könnte besser nicht sein. Stabil vorhergesagt und auch laut Wetterkarte, und eine Gluthitze, die uns geradezu in ein Nordwand treibt. Am Gimpelhaus sind 120 Leute, die vermutlich gerade gekocht werden.
Gegen 8 Uhr 30 gehen wir zur Füssener Hütte (die Musauer Alm ist Sa- So ausgebucht), rödeln auf, lassen überflüssiges Gepäck dort, reservieren Schlafplätze, gehen die Straße wieder Richtung Einstieg hinunter, treffen endlich auf Thorsten & Micha, die wir blöderweise zur Hütte weiter laufen lassen, anstelle sie gleich mit zu nehmen. Die beiden lassen sich Zeit auf der Hütte. Wir suchen schon mal den Einstieg, was am Gimpelband nicht ganz einfach ist, dann aber mit Hilfe einer anderen die Alte Nordwand machenden Seilschaft gelingt. Am Einstieg befindet sich ein BH.
Der Zustieg ist eine stellenweise nahezu senkrechte Kiesgrube. Hoch kommt man da zwar recht gut, aber der Gedanke, so was wieder runter zu müssen, motiviert doch stark, die Route zu Ende zu bringen.
Ekelhaft hingegen ist was anderes: Leute, die, ohne einen Fünfer auf die Reihe zu bringen, auf Biegen und Brechen auch mal eine richtige [tm] Nordwand machen wollen, graben sich die Alte Nordwand hoch. Sie bringen damit alle Nachfolgenden in akute Lebensgefahr, denn das Gimpelband ist leicht wandeinwärz geneigt und sammelt alles was irgend wo aus der Wand fällt. Das Besteigen solcher Geröllhalden gehört eigentlich verboten :-(. Thorsten & Micha mussten wg. Steinschlax jedenfalls eine heikle Strecke am äußersten Rand des Bandes benutzen. Und das, obwohl sie noch ihre Flurschadenstreter an hatten (sic).
So stehen Manfred & ich am ersten Stand und warten noch fast eine Stunde auf Thorsten & Micha. Thorsten veranstaltet gleich in der ersten Länge einen Sturz; nix Ernsthaftes, nur etwa 3 Meter und unverletzt, aber er ist für den Rest derAktion fertig mit den Nerven. Ganz abgesehen davon, dass das für Thorsten & Micha der dritte harte Tag in Folge ist, was ich nie fertig bringen würde. Auf jeden Fall einigen wir uns darauf, dass Micha die zweite Seilschaft in den leichteren Längen selbstständig führt und in den schwierigeren Längen zweiter Nachsteiger von Manfred bzw. mir ist.
Thorsten kurz nach seinem Absturz, der ihn zwar kein Blut, aber viele Nerven kostete. |
SO bekleidet in eine Nordwand und trotzdem schwitzen? Das gibz höxtens einmal im Jahr. Also: Heute besser keine Südwand. |
Die eigentliche [tm] Schertelplatte, das Hi-Lite der Tour; zwei der vier Längen, die Micha von oben gesichert wurde. |
Die ersten vier Längen sind - wenn auch schwieriger - Genuss pur: Gesichert wie die Südwandrouten, mit Ausnahme der Stelle wo Thorsten gestürzt ist traumhaftes Gestein und 2 Längen auf der namensgebende Platte.
Danach wirz wenigger schön. Zuerst über Gehgelände bis zu einem einzelnen BH, dann bin ich dran mit Wegsuche. Haken sind in derlei einfachen Gelände (etwa IV) natürlich Fehlanzeige; die Hoffnung das wenigstens etwas zerklüftete Gelände rechz zum Sichern nutzen zu können, führt mich in einen unvorstellbaren Bruchhaufen, wo ich an einem im Dreck vergrabenen Hexcentric Stand bauen muss - Das Seil ist zu Ende. Daran abzuseilen traue ich mich nicht. Zum Glück ist Manfred in der folgenden Seillänge nicht gestürzt, sonst lägen wir jetzt beide ziemlich sicher am Einstieg, vermutlich aber nicht in je einem Stück. Thorsten & Micha beweisen hier übrigens ein besseres "Händchen" als wir zwei. Nach 50 Meter Schrofen finden sie den richtigen Standplatz; 10 Meter linx von unserem. Über eine Stunde kostet uns die Aktion. Womit wir drei Stunden Verpätung hätten.
Erneute 2 Längen Genuss pur (V+) führen uns auf eine Kanzel mit einem für alles entschädigenden unvergleichlich schönen Tiefblick.
Endlich wieder am richtigen Weg. Panorama: Einzigartig! |
Manfred verdeckt die Aussicht (SCNR) |
Micha kommt zur Kanzel. |
Mittlerweile ist es auch schon etwas frischer. |
Der nächste Verhauer führt uns auf ein Band mit mittlerweile feuchtem Gras. Mindestens so vorsichtig wie sich die Igel paaren, steigt Manfred darauf nach links und dann hoch bis unter einen Kamin.
Der Verhauer ist vermutlich einfacher als der Originalweg, hat allerdings auch drei statt zwei Längen. Er ist dadurch entstanden, dass sich gegenüber dem KleFü die Standplatzaufteilung geändert hat. Der Stand direkt am rechten Ende des großen Bandes ist etwa 7 Meter nach unten gewandert. Damit kann die Kanzel mit einer SL nicht mehr erreicht werden und dort, wo von links der Kante nach rechts der Kante gegangen wird, ist ein weiterer Zwischenstand. Auf der Kanzel denken wir nun, bereits eine Länge weiter zu sein und queren nach links.
Die Kletterei ist nach dem etwas unangenehm erdigen Einstieg für einen Nichtsachsen wie mich zwar ungewohnt, aber durchaus spaßig. Es stecken auch hier ein paar BH, damit muss man den Kamin nicht so weit innen klettern. Für Manfred und Thorsten war's nicht so witzig. Mit Rucksack kann man in dem Kamin zwar nicht fallen, aber auch das Hochkommen ist erschwert ;-). Eine richtige Schlotte eben, würden die Sachsen sagen. Nun ja, in der Mitte des Kamins darf dann Manfred das Risiko und ich den Rucksack tragen. ;-)
In der Reihenfolge wie die Leute oben aus dem Kamin kommen, halten sie Ausschau wie es weiter geht. Diesmal ist es Micha, der den einzigen stabilen Stein im Schrofenfeld und auf diesem einen eingerichteten Standplatz entdeckt. Es geht jetzt noch 1 1/2 Längen weiter. Stand an einem Riesenköpfl, um das nicht mal eine 1,20 Meter- Bandschlinge herum passt. Wir steigen über den (Nord-?)Westgipfel und nehmen vor dem letzten Aufschwung die Seile auf. Im letzten Licht des Tages erreiche ich den Gipfel. Ich befestige ein Seil am Gipfelkreuz und werfe es den drei anderen als "Fixseil" zu. Denn von Minute zu Minute wird die etwa 50 Grad steile Gipfelwiese Tau- nasser. Thorsten hat die höchste Platznummer gezogen und muss über das mittlerweise triefnasse Gras zusätzlich gesichert werden.
Zum Glück können wir hier singen: Der Mond ist auf gegangen. Sonst sähe es finster aus am Abstieg. |
Eine gute halbe Stunde nach meiner Ankunft um 20 Uhr 47 sind wir alle glücklich vereint am Gipfel. |
Im letzten Mondlicht (- der Mond geht um 22 Uhr hinter dem Hochwieseler unter -) steigen wir vom Gimpel und in der Finsternis zum Gimpelhaus, wo wir noch Suppen und ein Lager ganz für uns bekommen, schlafen in unseren total verschwitzen Klamotten, machen (ohne Thorsten, der ist fix und alle) Sonntag die Rotflüh- SW- Kante ohne besondere Zwischenfälle und gehen zurück zur Füssener Hütte. Manfred & Micha lassen alles da was schwer ist und machen sich schon mal mit Leichtgepäck auf die Socken.
Zu guter Letzt hat mir Manfred in Weizern direkt an der Straße eine leckere Käserei gezeigt. Da gibz frische Buttermilch für DM 0,60/Liter, superleckeren Bergkäse für17,90/kg und nur zum Würzen geeigneten Käse für DM 23,00/kg.Außerdem kenne ich jetzt auch einen Schleichweg, der die lästige Durchfahrt durch Seeg erspart und gegenüber der ausgeschilderten Strecke noch 3 km kürzer ist.
Genau so stockend wie die Hinfahrt verlief die Rückfahrt von Musau: 3 Stunden. Trotz Umfahrung eines Staus über einen Parkplatz und unverschämtes Einfädeln hinter selbigen.
Tipps
Und wie kann man sich solche Nachtaktionen sparen?
Und wenn doch ein Rückzug nötig werden sollte?
Selbst bei guten Verhältnissen möchte ich nicht das Gimpelband runter. Es gibt definitiv keine Sicherungsmöglichkeit. Bei Regen ist das Band zusätzlich ein Bach, der die halbe Gimpel- Nordwand entwässert.
Nach der Sanierung des Lang- Schmitt- Kamins könnte man diesen als Abseilpiste benutzen. Er trifft oberhalb der Schertelplatte von Osten auf den Weg. Aber
Vermutlich würde ich die Schertelplatte abseilen. Am Einstiegs- Stand alle Seile zusammen knoten, am einfachen Strang abseilen und dann nach Wetterbesserung die Seile wieder holen.
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