Tourenbericht östliche Ortlergruppe 25.07. - 31.07.1999
Teilnehmer: Karl (an der Knipse), Andreas, Guido, Eugen und seine Isolde

proudly listed by http://1001-Reiseberichte.de
Tonnenweise Kletter- und Wanderlinx bei
http://www.lampatzer.de

Übersicht: Links Hoher Angelus, rechts Vertainspitze

24.07. Aufstieg zur Düsseldorfer Hütte (Home)

Der begeschilderte Weg ab Sulden liegt abends in der prallen Sonne und im Windschatten. Der minimale Umweg (10 Min.) über die Kanzel-Bergstation (gleiche Exposition, aber nicht so im "Loch") ist da auch vom Panorama her vorzuziehen.

Die Düsseldorfer Hütte ist sehr empfehlenswert, die Lager in kleinen Vier- bis Sechsbettzimmern sind sauber und - was leider nötig ist - abschließbar. Empfehlenswert ist die Gemüsesuppe.

Der Hüttenwirt hat auch unseren Voll-Selbstversorger (echter armer Student) akzeptiert, was auf CAI-Hütten alles andere als selbstverständlich ist.

Im Übrigen kann man von der Hütte in die Königsspitze-Nordwand schauen (Dieses Bild ist nicht aktuell). Mit Fernrohr erkennt man dort riesige eis- und schneefreie Abschnitte. Pech für die Extremen unter Euch, die übrigens ab hier nicht weiterzulesen brauchen, da ich jemand bin, dem Genußklettern und eine schöne Aussicht wichtiger ist als irgendwelche Heldentaten.

25.07. Vertainspitze (Home)

Der Aufstieg zurAngelusscharte (zwischen Angelusspitze links und Vertainspitze rechts) verläuft jetzt ganz links, immer unter der W-Wand des Hohen Angelus, da mittlerweile ein großer Felsriegel ausgeapert ist.

Je früher man loskommt, um so besser (ach nee ...). Wir verließen die Hütte in Erwartung einer nicht allzulangen Tour erst nach Ausschlafen und üppigem Frühstück. Den Gletscher zwischen Angelusscharte und Rosimjoch und zurück überquerten wir in praller Mittagssonne mehr schwimmend als gehend. Wer sich an die autobahnbreite Spur hält, braucht für die ganze Tour kein Seil.

Der morgendliche Aufstieg über die dank Treibhauseffekt kläglichen Reste des westlichen Zweigs des Zayferners benötigt unbedingt Steigeisen. Bereits heute bildet sich dort eine rasant wachsende Blankeisfläche. Dafür geht der Abstieg im mittäglichen Sulz am Hosenboden bzw. auf den Hacken blitzschnell, von der Scharte zum See ca. 25 Minuten.

Die Nordwand (das der Hängegletscher links, der am Übersichtsbild scheinbar zum Gipfel führt) ist nicht mehr 300, sondern nur noch etwa 100 Meter senkrecht. Der Nürnberger Weg (das ist die Rinne rechts neben der Nordwand mit den Schneeresten in ihrem Grund), die einst schnellste Verbindung zum Gipfel, existiert mangels Schnee nicht mehr.

26.07. Hoher Angelus, NW-"Wand" einfachster Weg(Home)

Der durch die Wand gebildete Kessel sieht (angeblich schon seit Jahrzehnten) nicht mehr so aus wie im DAV-Führer. Der Mittelteil ist schneefrei, (Bild) sodaß der kleine "Gipfelgletscher" vom untenliegenden östlichen Zweig des Zayferners weitgehend getrennt ist. In der ca. 150 Meter hohen Firnflanke steht die Sonne ab Sonnenaufgang und sorgt für knietiefen Matsch, insbesondere, wenn es die Nacht davor keinen Frost gegeben hat. Vielleicht ist 4 Uhr die richtige Zeit zum Einstieg. Aufgrund der Kürze der Veranstaltung konnte man sich mit vergrabenen Pickeln (T-Ankern) "retten".

Eine ungeplante Abfahrt über die nur 45° steile Flanke würde im Freiflug über eine ca. 50 Meter hohe Felswand enden. Weiter links, wo es einen "Auslauf" gibt, steht man genau unter diversen Wächten - nach Sonnenaufgang kein empfehlenswerter Ort.

Am Abstieg über den "Wanderweg" zur Angelusscharte sind Dutzende kurze Stellen vereist, sodaß man entweder umständlich für 2 Meter Steigeisen an- (und nachher wieder aus-)ziehen oder durch unglaublich brüchiges Gestein drumrumeiern muß. Egal was man gemacht hat: Hinterher war man immer der Meinung, anders wäre es einfacher gewesen. :-(

27.07. Tschengelser Hochwand (Home)

Auf diesem Haufen kann man sich keine Meriten verdienen. Die Besteigung lohnt sich aber allein wegen der hervorragenden Aussicht ins fast 3000 Meter tiefere Vinschgau. (Bild) Auch amüsant: die vielen Italiener, die ihr nationales Lieblingsspielzeug ausgiebig nutzen.:-( Der häufigste Satz, den man dort hören konnte war: "Was denkst Du wohl, wo ich gerade bin?"

Die Begehungsrichtung ist üblicherweise "Klettersteig" (d.h. 50 der 500 Höhenmeter sind ein sehr einfacher Klettersteig) hoch - Normalweg runter. Vom Klettersteig aus kann man sich köstlich über die Normalwegaufsteiger amüsieren, die sich nach dem Verfahren "drei Schritte vor, zwei zurück" nach oben schieben.

Der Abstieg sieht von oben und der Seite sehr steil aus, bietet aber neben dem Weg eine bequeme Geröllabfahrt fast bis ganz runter.

Am Nachmittag wurde in Hüttennähe an der ca 25 Meter hohen Einstiegswand zur Harpprechtskuppe (Vertainspitze-NW-Grat) geklettert. An alle Bohrwütigen: Hier gibt es noch viel zu tun!

Eugen warf das Seil runter, sodaß wir alle absteigen mußten und holte sich dabei infolge langer Wartezeit im aufkommenden Regen eine deftige Erkältung.

28.07. Spaltenbesuch / Hüttenwechsel (Home)

Eugen und Isolde stiegen wegen Eugens Erkrankung ab.

Bei Dauerregen ist es egal, ob man "draußen" oder "drinnen" naß wird.

Guido, Karl und Andreas durften erst mal "anständig" Eisschrauben drehen. Bereits vom Aufstiegzum NW-Grat des Hohen Angelus fällt am östlichen Zweig des Zayferners ein seitliches Loch auf, durch das man sich ins Innere zwängen kann.

Dort erwartet einen eine riesige Eishalle mit ganz eigenartigem Licht und unzähligen, viele Meter langen Stalaktitten; ein einmaliges Erlebnis, das man, sofern man nicht hineinplumpst, sondern gesichert hineinklettert, durchaus mehrmals genießen kann.

Die Blankeisfläche am westlichen Zweig des Zayferners hat heute die Aufstiegsspur zur Angelusscharte erreicht.

Der Rest des Tages ging für den Hüttenwechsel zur Schaubachhütte drauf. Die letzte Bahn fährt um 17 Uhr.

29.07. Zur Zufallhütte (Home)

Nachdem wir auf der Schaubachhütte keine Halbpension (68 Kilolire) genommen haben, zeigt sich der gebodystylte Hüttenwirt von seiner unfreundlichsten Seite. Diese Hütte gehört eigentlich auf den Index.

Als Lager bekamen wir ein von Mäusen und u.U. auch Ratten besiedeltes Loch, für das Abendessen berechnete er uns den Nichtmitgliederpreis, auf unsere Beschwerde hin sagte er, die zwei von uns, die nichts gegessen hatten, müßten Tischbenutzung zahlen, und Teewasser gab es natürlich "nur als Marschverpflegung".

O-Ton: "Und außerdem bin ICH der Chef hier, und wenn ihr unverschämt werdet, schmeiße ICH euch eigenhändig raus." Angesichts seiner dicken Oberarme (mindestens 40 cm Umfang) und der Tatsache, daß von uns keiner Karate o.Ä. kann, kamen wir ihm zuvor, indem wir den ungastlichen Ort zu einer dreitägigen Hüttenwanderung schnellstmöglich verließen.

Als Trost gab es auf der (privaten) Madritschhütte für 10 Kilolire eine Riesenportion köstliche Polenta mit Pfifferlingen.

Der Weiterweg zum Madritschjoch durch das Touristengedränge ist nicht gerade das, was man sich unter "Bergidyll" so vorstellt. Die Pistenskifahrer sollten außerdem mal gezwungen werden, sich die gigantische sommerliche Mondlandschaft ansehen, die für sie aus den einst grünen Almen gemacht wurde.

Dann ging es noch 1000 Meter nach unten zur mit Tagesgästen überlaufenen Zufallhütte, für Leute mit Kindern jedoch eine Empfehlung: 200 Höhenmeter ab Parkplatz, jede Menge kleinere Felsblöcke zum Herumalbern (ohne gleich in Lebensgefahr zu geraten), Zimmer ähnlich wie in der Düsseldorfer Hütte und eine sehr schöne Aussicht.

30.07. Cevedale (Home)

Der Langenferner hat es im Treibhaus nicht länger ausgehalten, sank mit seinem unteren Ende ca 100 Meter ein und zog sich sich gegenüber der Karte um über 2 km zurück. Dadurch entstand in der Mitte eine sehr steile, spaltenreiche und blanke Zone. Der Rückzug ging so schnell, daß der Langenferner so gut wie keine Endmoräne hat.

Die Beschreibung des Wegs zur Casatihütte auf der Karte und im Führer stimmen deshalb schon lang nicht mehr. Vom ehemaligen "Einstieg" auf den Langenferner geht man auf der orogr. linken Moräne, bis man über die Ostflanke der Eisseespitze zum obersten Langenferner aufsteigen kann, von wo aus man die Hütte schon sieht.

Der Normalweg auf die Cevedale ist einfach, immer den Horden bzw. den von ihnen hinterlassenen Spuren folgen.

Am Gipfel hat man einen direkten Draufblick auf den Normalweg zur Königsspitze, der noch kein Blankeis hat und daher noch recht gefahrlos zu machen ist, was Unmengen anderer Bergsteiger ausnutzten. Vor vier Jahren war ich Ende Juni mit drei anderen Leuten oben. Wir waren die einzigen.

Der Abstieg von der Cevedale über die Zufallspitzen fiel den nahen Gewittertürmen zum Opfer, die dann doch nicht kamen.

Der Nachmittag wurde für Prusik-Übungen genutzt. Gegen Ende ging das sogar recht schnell.

Das Essen auf der Casatihütte ist durchaus empfehlenswert, zumindest sehr reichhaltig (Gemüsesuppe und ziemlich fettige Polenta mit Würstchen).

31.07. Und Tschüss ... (Home)

Angesichts des schmuddeligen Morgenwetters und des schon um 5 Uhr 30 durchgeweichten Gletschers verzichteten wir auf die Pasquale. Nach Angben des Hüttenwirts ist die Angabe im Führer (1 1/4 - 1 3/4) Stunde absolut illusorisch, normal wären ca. 3 Stunden.

Die Zeit nutzten wir, das in der Newsgroup schon bis zum Erbrechen diskutierte gleichzeitige Gehen am Seil zu testen.

Wir querten die etwa 40 ° steile Nordflanke der Suldenspitze, zu viert an einem Seil und einer ließ sich runterrutschen. Der Abstand zwischen zwei Leuten war etwa 10 Meter und jeder hatte noch etwa 5 Meter Seilreserve in der Hand. Der davor und dahinter gehende ließ zum Zeitpunkt des Falls die Seilreserve fallen, rammte den Pickelstiel bis zum Eisen in den Schnee und hielt sich dran fest. Bei 9 von 10 Versuchen hielt das. Der Versuch, der nicht hielt, war der, bei dem der Pickel nur etwa halb in den Schnee ging, weil ein Stein im Weg war. Das Verfahren taugt also nur bei äußerst sulzigen Verhältnissen.

Dies zum Thema Treibhaus: Mondlandschaft zwischen Schaubach- und Hintergrathütte.
Hier soll mal ein Gletscher gewesen sein. (rechts der Hintergrat, im Hintergrund der Ortler)

Am Abstieg über die Schaubach:-(hütte nach Innersulden haben wir dann auch endlich die von Messner persönlich ausgesetzten Yaks gesehen. Sie hielten sich unterhalb(!) der Mittelstation der Schaubach-Seilbahn auf. (Foto folgt)